Interview mit dem Organisten Lorenzo Ghielmi


Bild Lorenzo GhielmiHerr Ghielmi, wann und wie sind Sie zur Musik gekommen, und warum hat es Sie dann speziell zur Alten Musik gezogen?
Ich habe mit sechs Jahren angefangen, Klavier zu spielen – eigentlich aus dem schlichten Grunde, dass meine ältere Schwester Klavierunterricht genommen hat und meine Mutter dann sagte, ich solle auch Unterricht bekommen. Da fragte ich: Was, ich?... , und dann habe ich erst mal etwa sechs Jahre unter einem ziemlich unangenehmen Klavierlehrer gelitten. Eines Sommers waren wir dann im Urlaub in einer Kirche, und da hat ein Junge Orgel gespielt. Ich hörte das – und war wirklich bezaubert von diesen Klängen. Und als ich nach Hause kam, verkündete ich: Ich will nicht mehr Klavier spielen, sondern Orgel. So haben wir dann in Mailand eine Schule gesucht die auch Orgel anbot und dort habe ich dann angefangen – das war übrigens und rein zufällig die Accademia Internationale della Musica, an der ich jetzt auch unterrichte. Da hatte ich dann anfangs auch einen recht schlimmen Orgellehrer, der allerdings schon alt war und relativ bald gestorben ist. Aber weil er so schlecht war, war auch die Klasse ganz leer und man hat mich problemlos aufgenommen.

So nach dem Motto: Ein Schüler, ein Schüler!
Ja, eben. Das waren so viele Zufälle...! Aber insgesamt war das doch eine ziemlich gute Schule und komischerweise hatte ich da dann auch bald wieder Lust, Klavier zu spielen. Die dortige Klavierlehrerin war meine erste wirklich sehr gute Lehrerin, so dass ich das dann auch als Hauptfach gemacht habe. Ich habe bei ihr so viel gelernt, habe dann auch Mozart und Beethoven mit Orchester gespielt, und solche Sachen. Sie wollte immer, dass ich beim Klavier bleibe und ich habe immer gesagt: Ja, ich mache Klavier – aber vor allem will ich Orgel spielen, und auch Cembalo!
In Mailand gab es auch seit den 70er Jahren schon eine Konzertreihe mit Alter Musik, wo solche - damals noch gänzlich unbekannte - Leute spielten wie Jordi Savall und diese Brüder aus Amsterdam, von denen wir damals noch nicht einmal wussten, wie man sie ausspricht, Ku-ie-ken oder so, nicht wahr...? Und in den Anfängen der Alten Musik in Italien, da waren dann Musiker, wie Giovanni Antonini..., oder auch ich, die diese Leute mal gehört hatten und gesagt hatten: Ja, doch, das ist interessant. Es gab damals durchaus kleine Ensembles wie I Musici, I Solisti Veneti und andere, aber wir haben bald festgestellt: Das ist ja ganz schön, aber was diese Leute mit den alten Instrumenten machen, das ist eigentlich viel interessanter!
Als ich etwa so 15, 16 Jahre alt war, hat mich die Begeisterung dafür endgültig gepackt. Ich habe damals selbst vor allem Chopin und solche Sachen gespielt – aber wenn ich etwas hören wollte, war das immer Alte Musik. Als ich dann mein Klavier-, Orgel- und Cembalodiplom gemacht hatte war schon klar: Ich will Alte Musik machen. Sobald ich in Mailand dann mit dem Studium fertig war, habe ich in Basel an der Schola Cantorum weiterstudiert, unter anderem bei Jean Claude Zender.
Und kurz nachdem ich aus Basel zurückkam, habe ich ja auch mit Giovanni Antonini zusammen das Ensemble Il Giardino Armonico gegründet; aber ich dachte, ich müsste diese Erfahrungen mit Alten Instrumenten in Italien nicht nur an Ensembles, sondern auch in der Orgellandschaft weitergeben und habe sehr hart darum gekämpft, in Mailand eine Orgel von Jürgen Ahrend bauen zu lassen, dem berühmten Orgelbauer, der in Norddeutschland sehr viele alte Instrumente restauriert.

Warum spielen Sie inzwischen kaum mehr bei Giardino Armonico?
Das wurde einfach zu viel – ich musste mich irgendwann entscheiden, entweder Kammermusik zu machen, oder als Organist zu arbeiten, und ich habe dann nach langen Überlegungen schließlich die Orgel gewählt. Natürlich mache ich immer noch Kammermusik, Ensemblespiel, aber die Orgel ist doch mein Schwerpunkt geworden. Und auch das Unterrichten nimmt sehr viel Zeit in Anspruch.

Wo unterrichten Sie zur Zeit hauptsächlich?
Im Oktober 2006 habe ich an der Schola Cantorum angefangen. Außerdem bin ich natürlich nach wie vor am Konservatorium in Mailand tätig. Ich hatte dort schon ein Semester nach meinem Klavier-Diplom eine Stelle für Klavier bekommen und inzwischen unterrichte ich dort in der Abteilung für Alte Musik, die vermutlich die wichtigste ihrer Art in Italien ist - mit etwa 50 Studenten nur für die Alte Musik.

Was ist historische Aufführungspraxis auf der Orgel, was bedeutet das? Bezieht sie sich vor allem auf die Registrierung, auf die Literatur, Anschlagstechnik, Fingertechnik? Wie sehen Sie das?
Ich denke, sehr wichtig ist erst einmal ein sehr ausgeprägtes Bewusstsein für die Literatur, großer Respekt vor den Komponisten. Zuerst muss ich bei einem Stück darüber nachdenken, was der Komponist damit sagen wollte, und an zweiter Stelle dann darüber, was ich sagen möchte. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass es viel weniger interessant ist, wenn man umgekehrt arbeitet. Wenn man sagt: Ich spiele Musik von dem und dem und mache sie zu meiner Musik – damit kommt man nicht sehr weit. Historische Aufführungspraxis heißt meiner Meinung nach, der Musik mit viel Respekt vor dem Komponisten, vor dem Werk zu dienen. Dazu muss man aber sehr viel tiefer in ein Werk eindringen, als nur die Noten zu betrachten; vielmehr muss man sich auch mit den Instrumenten beschäftigen, für die diese Musik komponiert wurde. Ob man ein Stück auf einer barocken Traversflöte oder auf einer modernen Böhmflöte spielt, das ist der gleiche Unterschied, wie ob man ein Stück auf einer historischen Orgel oder einer modernen spielt. Und das ist ein sehr, sehr großer Unterschied.

Ist historische Aufführungspraxis auf der Orgel nicht ohnehin mehr an der Orgel festzumachen, als am Organisten?
Im Grunde genommen schon. Ich sehe aber sehr oft, dass Organisten historische Orgeln nicht sonderlich gut nutzen können, und besonders häufig fällt mir auf, dass viele Organisten nicht wissen, was sie einem Orgelbauer sagen sollen, wenn sie eine neue Orgel bauen lassen. Besonders problematisch ist das, wenn sie beschließen, so ein bisschen was von einer historischen Orgel mit rein zu nehmen und dann Scheinkopien bauen lassen, oder bis zu einem gewissen Punkt in Richtung historischer Instrumente gehen, aber dann ganz moderne Pedalklaviaturen oder Tastaturmensuren haben, die auch mit einer spätromantischen Technik gespielt werden.
Und da wären wir beim nächsten Punkt: Wie man die Orgel dann spielt, ist doch eine technische Sache. Wenn ich die Pedalklaviatur zum Beispiel mit Absatz-Spitze benutze, ist das eine sehr späte Technik - bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts hat man prinzipiell nur mit der Spitze gespielt. Dann gibt es aber auch Organisten, die zwar nur mit der Spitze spielen, aber doch die Beine in der selben Art bewegen, als würden sie Absatz-Spitze spielen – und das ergibt einen ganz anderen Kontakt mit der Pedalklaviatur.
Was ich auch schade finde, ist, dass man manchmal zu historischen - oder historisierenden – Orgeln kommt, die schlecht restauriert sind, auf denen man nur die moderne Technik benutzen kann, weil beispielsweise die Pedalklaviatur ganz in die Orgel eingeschoben ist. Das ist ganz gut für Vierne, wo alles irgendwie Legato gespielt wird, aber ganz schlecht, wenn man versucht, eine Artikulation zwischen den Tönen hinzubekommen, weil die Klaviatur dafür viel zu weit in der Orgel ist. Deshalb bin ich gegen standardisierte Mensuren an Orgeln: Die müssen an die Literatur, an den Klang und auch an die Technik angepasst werden, die auf dieser Orgel gespielt werden sollen. Ein guter, moderner Organist muss mehrere Techniken beherrschen – angefangen von verschiedenen Fingerapplikaturen. Und dann nicht so viele stumme Fingerwechsel. Sogar bei Bach benutze ich ganz, ganz wenige stumme Fingerwechsel.

Spielen Sie da dann diese 3-4-3-4-3-4-Fingersätze?
Für Renaissancemusik ja, da spiele ich so, aber das wird auch sehr oft nicht oder falsch verstanden. Die Leute denken, wenn sie 3-4-3-4-3-4 spielen, müssen sie immer zwei Noten zusammenziehen, abphrasieren – und das ist überhaupt nicht der Fall. Das ist genau das gleiche wie eine Blockflöte, die turuturuturu spielt: Ein Doppelzungenstoß. Wobei die eine Artikulation eine Fingerartikulation ist, und die andere eine Handgelenksbewegung. Das ist spieltechnisch eine ganz subtile Sache, die man aber benötigt, um wirklich virtuos zu sein. Es reicht nicht, dass ich die richtige Applikatur benutze, um den musikalischen Zweck dahinter zu verstehen. Ich schätze Organisten viel mehr, die sagen, sie können das nicht, als solche, die meinen, sie benutzen das so wie es da steht und dann wird das schon passen. Das muss doch alles auch musikalisch stimmen, das ist nicht leicht!
Aber ich finde auch, wenn man heutzutage weiter Renaissance- und Barockmusik spielen will, kommt man nicht darum herum, sich mit Instrumenten wie Zink, Geige, Blockflöte und so weiter zu konfrontieren und mit deren Reichtum in der Ansprache. Das halte ich vielleicht für das Wesentlichste, was in der Alten Musik interessante von langweiligen Organisten unterscheidet. Bei symphonischer Musik ist die Linie natürlich viel länger und das Interesse liegt eher in wechselnden Klangfarben, Crescendo-Diminuendo, oder strömende Linien, die über zwei Seiten gehen. Aber in der früheren Musik liegt das Interesse noch sehr am einzelnen Ton und da muss man wirklich fähig zu sein, Silben zuzuordnen – und zwar nicht: tatatatata, sondern Wörter. Und das heißt, dass Eines anders als das Andere klingt.

Wie weit hat sich das Wissen über historische Aufführungspraxis heute durchgesetzt? Gibt es immer noch Organisten oder auch Kirchenmusiker, die ihren Bach im durchgängigen Legato spielen?
Legato würde ich nicht sagen, da gibt es nur noch – Verzeihung -: einige ‚Reste’, die meinen, das müsse man alles Legato spielen. Ich finde, das ist auch sehr unterschiedlich von Land zu Land; das ist sehr bunt. Es ist eigentlich unglaublich: Vor 20 Jahren wurde ich als Spezialist betrachtet – heute vermitteln die guten Lehrer, die alles unterrichten, auch alle Spielarten. Man muss heute viel mehr Erfahrung haben und es ist kaum zu glauben, dass die wirklich guten Leute heute so viel Spezialwissen besitzen. In Deutschland ist das allerdings auch eine besondere Situation, weil gerade die Kirchenmusiker in ihrer Ausbildung noch so viele andere Dinge neben dem Orgelspiel lernen müssen: Chorleitung, Stimmbildung, Klavier und so weiter. Das spielt schon auch eine große Rolle. Natürlich kann man von einem Kirchenmusiker nicht verlangen, dann noch die ganzen alten Traktate zu studieren. Ich habe einige Zeit in Lübeck Kirchenmusiker unterrichtet, und da muss man so viel machen: Von Perotin bis Strawinsky, und dann Reger noch dazu – und das beansprucht natürlich viele, viele Stunden Energie. Wenn man dagegen in Mailand oder Basel bei mir studiert, endet das Repertoire viel früher, das geht bis vielleicht Anfang der Romantik; das ist ein Aufbaustudium. Aber dafür bekommt dann natürlich auch keiner ein Diplom, der sich in dieser Zeit nicht wirklich auskennt. Das ist dann nicht so, dass man mal ein Stück von Sweelinck spielt, sondern die müssen das gesamte Werk kennen, und das aller wichtigen Komponisten dieser Epochen. Das braucht sehr viel Zeit; so dass dieses Studium auch mindestens drei Jahre beansprucht, in denen man sich nur auf diese Alte Musik konzentriert.

Wird dort nicht viel Wert darauf gelegt, dass man nicht nur solistisch, sondern auch im Ensemble spielt?
Ja. Und das ist auch meine Erfahrung aus der Zeit, als ich dort selbst studiert habe. Man wird doch ziemlich oft von den einsamen Emporen gescheucht, um eine ganze Menge aus dem Kontakt mit anderen Musikern zu lernen. Das ist es auch, was ich in Mailand immer propagiere: Die Studenten dort kommen oft aus dem Ausland und sagen dann am Ende ihres Studiums, sie hätten die Zeit dort sehr genossen, den Unterricht und so weiter, aber besonders auch die viele Kammermusik – was sie aus dem Kontakt mit Ensembles, dem Continuo-Spiel, dem Kontakt mit anderen Musikern gelernt haben. Und ich finde, das ist auch eine ganz andere Art der Ausbildung, als die Kirchenmusikausbildung – die aber auch etwas ganz typisch Deutsches ist. Wenn man nach Frankreich schaut, da gibt es überhaupt keine Kirchenmusik in diesem Sinne, weil es ja leider auch bald keine Kirchen mehr gibt. Dagegen hat man dort diese Idee von Virtuosität, Improvisation, kreativer Leistung, die oft die Achtung vor der Alten Musik geradezu überschwemmt.
Die englische Welt ist wieder eine ganz andere: So weit man dort auch mit der Alten Musik im Allgemeinen bezüglich Interpretation und Instrumentarium ist, so weit weg ist man doch vom Verständnis für Alte Musik auf Orgeln. Sie haben dort einfach noch ihre schönen Cathedral-Orgeln mit elektrischer Traktur, und das ganze Cathedral-Repertoire, wie Elgar oder Thomas Best oder so. Es gibt natürlich auch in England unheimlich gute Organisten für Alte Musik, aber die Denkweise der Studenten, der normalen Organisten ist doch, dass eine mechanische Orgel für Alte Musik gemacht ist, eine elektrische für romantische Musik. Ich denke, das ist vereinfacht gesagt schon noch eine ganz besondere, englische Tradition – die vielleicht auch schön ist, aber ganz anders als in Deutschland, Italien, Frankreich... In Spanien ist es noch einmal eine andere Geschichte, weil die Organisten dort keinerlei Hoffnung haben, eine Anstellung zu bekommen. Dazu sind die meisten historischen Instrumente in schlechtem Zustand.

Da haben wir in Deutschland natürlich den Vorteil, dank Kirchensteuer an vielen Kirchen sogar einen festangestellten, hauptamtlichen Organisten zu haben...
Ja, das ist schon sehr gut. Aber das bringt auch Nachteile mit sich: Ich finde, es gibt deshalb gerade in Deutschland auch sehr viele Orgeln, für die man zu viel Geld hatte, und die deshalb viel zu groß sind, zu viele Register haben, und so weiter; ganz nach dem Prinzip des größer, höher, schneller. Und dann wurden natürlich auch viele historische Instrumente im Krieg zerstört, andere durch falsche Restaurationen nachträglich kaputtgemacht. Ich war kürzlich wieder in Deutschland und fuhr dann über die Grenze nach Holland: Und das ist für einen Organisten, wie vom Alltag direkt in den Himmel zu fahren... Meiner Meinung nach ist Holland unbedingt das beste Orgelland in Europa. Mit so einem Instrument, sage ich immer, braucht man eigentlich gar keinen Lehrer. Es reicht, einfach Ohren zu besitzen – der Rest erledigt sich von selbst, man versteht schon, wie man spielen soll, wenn man nicht taub ist.

Ist das nicht in Mitteldeutschland, wo noch viele alte Orgeln erhalten sind, ganz ähnlich?
Ja, doch. In Sachsen ist das durchaus ähnlich, ebenso in Ostfriesland. Aber ich spreche auch in Deutschland vor allem von den Instrumenten in den großen Kirchen, an den Domen: Fünf Manuale, hundert Register... . Solche Instrumente interessieren mich einfach überhaupt nicht – tut mir Leid!

Welche Art Orgel empfiehlt sich denn für historische Interpretationen am ehesten – ein Original, das vielleicht vielfach restauriert und verändert wurde, oder ein moderner Nachbau einer historischen Orgel? Kann man da überhaupt generelle Aussagen machen?
Nein, kann man eigentlich nicht. Natürlich, wenn man an einem alten Instrument sitzt – ich denke da in Italien an San Petronio oder an San Maurizio in Mailand – das ist schon ein ganz eigenes Erlebnis, das man sehr, sehr selten mit modernen Orgeln erleben wird. Das ist vielleicht ähnlich wie bei einer Stradivari: Man kann überhaupt nicht verstehen, warum dieses Instrument so gut ist, was den einmaligen Klang ausmacht. Und heute könnten wir so etwas gar nicht mehr bauen; ich glaube, die Orgelbaukunst hatte in der Renaissance- und Barockzeit ihre Blüte, die dann in modernerer Zeit einen gewissen Rückgang erlebt hat. Natürlich halte ich Instrumente, wie die von Cavaillé-Coll schon auch für ein unglaubliches Erlebnis!
Aber was soll man heute machen? Nun – wenn man als Organist eine schöne, alte Orgel zur Verfügung hat, kann man sich nur freuen; und wenn eine neue Orgel gebaut werden soll, muss man sich eben immer fragen, in welchem Kontext sie stehen wird: didaktisch, liturgisch, in welchem Raum, wie groß, welche Musik will man darauf spielen? Wenn ich Widor nicht mag, dann hat es keinen Sinn, eine von Cavaillé-Coll inspirierte Orgel bauen zu lassen. Und wenn ich fanatischer William-Byrd-Fan bin, sehe ich keinen Grund, eine elektrische Traktur zu bauen. Aber ob historisch oder modern: Das kann in beiden Fällen gut oder schlecht werden; das hängt natürlich vom Orgelbauer ab. Orgelbau ist wirklich eine Kunst.

Wie sieht es denn Ihrer Meinung nach mit den heutigen Notenausgaben aus - kann man aus dem, was so auf dem Markt vorhanden ist, beispielsweise der Neuen Bachausgabe, authentisch interpretieren?
Ich finde, ein Organist konnte – wenn er intelligent ist – noch nie so viel von Ausgaben profitieren, wie heute. Ich empfehle meinen Studenten allerdings immer, nicht nur die Ausgabe, sondern auch mal den kritischen Bericht darin zu benutzen. Wobei, da Sie die Neue Bachausgabe erwähnen: Da finde ich es schon ein bisschen Schade, dass in einigen Bänden, besonders bei den Leipziger Orgelchorälen, manche Sachen nicht mit dem Original übereinstimmen. In diesem Falle würde ich sehr warm empfehlen, auch das Faksimile zu benutzen. Aber das ist ja das Schöne heutzutage, dass man eben auch ein Faksimile zur Verfügung hat, dass es so viele wirklich gute Verlage gibt. Ich muss sagen, ich bin wirklich zufrieden. Ich kann bloß immer wieder mahnen, bitte nicht so viel zu kopieren – denn sonst können die Verlage nicht mehr weitermachen und das muss doch weitergehen!

Herr Ghielmi, vielen Dank für dieses Gespräch.



Erschienen im Mai 2008 in Toccata - Alte Musik Aktuell.

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